Universes in Universe - Welten der Kunst

2. Johannesburg Biennale
12. Oktober - 12. Dezember 1997

Johannesburg / 1997

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Hou Hanru - Interview
Von Pat Binder & Gerhard Haupt

 

 

Auszüge aus einem Exklusiv-Interview mit dem Kurator der Ausstellung "Hong Kong, etc.", der 2. Johannesburg Biennale, das am 5. Juli 1997 (also noch in der Vorbereitungsphase der Biennale) stattfand.

Das Konzept von "Hong Kong, etc" hat damit zu tun, daß eine Reihe von Vorgängen, wie die Übernahme von Hong Kong, der Mauerfall oder die Geschehnisse auf dem Tienamen-Platz, zu spektakulären Medienereignissen geworden sind, die Aufmerksamkeit dafür jedoch kaum länger als 15 Minuten dauerte. Alle diese Ereignisse haben aber eine lange Vorgeschichte und eine Zukunft. Hong Kong repräsentiert einen sehr wichtigen Transitionsprozeß unserer Zeit. Obwohl sich die Übernahme schon vor Monaten "ereignete", handelt es sich dabei Vorgang, der erneut überdacht und diskutiert werden muß. Er ist natürlich das Resultat einer De-Kolonisierung, aber zugleich auch der gegenwärtigen Globalisierung, und bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, über diese miteinander verbundenen Prozesse zu reflektieren. Er ist geeignet, das Phänomen der Neokolonialisierung als eine Art der Verhandlung zwischen den alten und den neuen Mächten zu analysieren, was natürlich etwas simplifiziert ausgedrückt ist.

In kultureller Hinsicht bringt dieser Prozeß zugleich eine große Zahl neuer Modelle hervor, die als neue Räume für kreative Aktivitäten gelten können, vor allem im Zusammenhang mit der Neustrukturierung des urbanen Gefüges, wofür Hong Kong ein typisches Beispiel ist. Ich denke, Johannesburg hat eine mit Hong Kong vergleichbare Vergangenheit und Zukunft, denn auch in Südafrika wollen die Leute eine ganze Gesellschaft erneuern. Im Hinblick auf die Kultur oder in Bezug auf die künstlerischen Aktivitäten gibt es ähnliche Bedürfnisse, das städtische Umfeld mit vergleichbaren Projekten umzugestalten. Es existiert eine enge Beziehung zwischen diesen beiden Orten, diesen beiden Situationen, diesen Zielen. Aber ich betone, es geht dabei tatsächlich nicht nur um ein regionales Ereignis, sondern um einen Teil des Globalisierungsprozesses, der auch die westlichen Wurzeln nicht ausschließt. Deshalb wird die Ausstellung sehr weit gefaßt sein und im wesentlichen alle Kontinente einschließen.

Wenn wir von Hong Kong oder von Globalisierung sprechen, ist natürlich auch eine neue Technologie im Spiele. Es handelt sich dabei nicht nur um eine Beschleunigungskraft der Globalisierung, sondern um eine neue Ausdrucksweise, die durch diese Technologie geschaffen wurde. Sicher muß sie kritisch gesehen werden, und man kann sie mit ihr nicht naiv befassen. Aber diese neue Technologie, wie zum Beispiel das Internet, verändert unbestreitbar unsere Kommunikationsformen. Deswegen habe ich vor, Web Sites als eine Art virtuellen Raum in mein Projekt einzubeziehen, in dem die Leute ihre Imagination freier artikulieren können.

Andererseits ist es wichtig, mit einem Fuß in der realen Welt zu bleiben. Die Ausstellung wird einen installativen Teil in einer Galerie haben, und es wird auch ein sich durch die ganze Stadt ziehendes Videonetz geben. Das Ziel ist es, eine Brücke zwischen dem Realen und dem Virtuellen zu schlagen, damit die Leute zwei Aspekte der ganzen Sache wahrnehmen können. In der Ausstellung werden 11 Künstler in einem relativ kleinen Raum an der Idee arbeiten, ein Miniatur-Hong Kong zu erstellen, bei dem der Aspekt der »Dichte« sehr wichtig ist. Andererseits weitet sich der Raum über die Nutzung des Internet ins Unendliche aus.

Die Mehrzahl der Web Sites werden neue Projekte sein. Ich möchte unterstreichen, daß daran nicht nur Künstler beteiligt sind, sondern auch Architekten, Urbanisten, Schriftsteller, Kulturtheoretiker, die ihre Beiträge kontinierlich ausbauen. Es gibt auch einen Raum für die Debatte und Diskussionsgruppen, an denen sich das Publikum beteiligen kann.

 

 

Hou Hanru

 

Hou Hanru

 

Johannesburg / 1997