Universes in Universe / Karawane / 50. Biennale Venedig / Report
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Biennale-Report von Universes in Universe
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Als Harald Szeemann bei der 49. Biennale von Venedig mit dem "Plateau der Menschheit" einen weltumspannenden Anspruch erhob, fanden wir es unverständlich, dass riesige Regionen, wie Afrika und Südamerika, in denen es bekanntermaßen interessante Künstler gibt, so schlecht vertreten waren (siehe unser Editorial von 2001).

Diesbezüglich ist die Lage bei der 50. Biennale völlig anders, womit die Veranstaltung in einem allgemeinen Trend liegt. In den letzten Jahren erhöhte sich die Aufmerksamkeit für Kunst, die aus Afrika, Asien und Lateinamerika kommt bzw. dort ihre kulturelle Heimat hat, ganz erheblich. Immerhin die Hälfte der 10 Projekte im Rahmen der von Francesco Bonami initiierten "Ausstellung der Ausstellungen" hat einen entsprechenden Fokus oder zeigt in der Mehrzahl Künstler aus diesen Teilen der Welt. Auch 5 der insgesamt 12 Kuratoren kommen ursprünglich von dort (Carlos Basualdo, Hou Hanru, Gabriel Orozco, Gilane Tawadros, Rirkrit Tiravanija).

Es gibt bei dieser Biennale aber ein Grundproblem, das alle Aussteller gleichermaßen betrifft und von dem sie selbst ein Teil sind: viel zu viel Kunst. Allein in den 10 zentralen Ausstellungen (8 im Arsenale, 2 in den Giardini) sind mehr als 300 Künstlerinnen, Künstler und Gruppen versammelt. Und obwohl über allem das (äußerst vage) Hauptthema "Träume und Konflikte - Die Diktatur des Betrachters" steht, hat man sich bei jeder dieser Ausstellungen auf völlig unterschiedliche kuratoriale Konzepte einzustellen.

Beim Presserundgang im Juni kam erschwerend hinzu, dass in Venedig die größte Hitze seit 200 Jahren herrschte und die Ausstellungshallen durch das in Massen angereiste Fachpublikum besonders voll waren. Das hat gewiss erheblich zum missgelaunten Grundton vieler Rezensionen beigetragen. Doch ist die immer wieder gestellte Frage nach dem Sinn einer solchen überdimensionierten Großveranstaltung mehr denn je angebracht. Wenn es selbst Spezialisten in drei Tagen nicht gelingt, sich auch nur annähernd einen Überblick über das Kunstangebot zu verschaffen, was wird dann dem "normalen" Publikum zugemutet, das sich maximal ein bis zwei Tage Zeit für die Biennale nehmen kann?

Dabei haben wir den anderen Teil des Gesamtprogramms noch nicht erwähnt, die Inseln und Atolle dieses gigantischen Kunst-Archipels (um bei Bonamis Ausdruck zu bleiben), also die unzähligen parallelen und speziellen Ausstellungen von Ländern, Institutionen, Galerien, Gruppen, Personen...

Ungeachtet aller Diskussionen über das Obsolete nationaler Präsentationen bei internationalen Kunstausstellungen, kommen in Venedig immer mehr Pavillons hinzu. So wollen nicht nur einige der durch die Implosion des sozialistischen Lagers in Osteuropa neu entstandenen oder wieder erweckten Länder Präsenz zeigen, auch Regionen, wie Schottland und Wales, drängt es mittlerweile, kulturelles Selbstbewußtsein zu demonstrieren. Neu hinzu gekommen bzw. nach Jahrzehnten erstmals wieder dabei sind u.a. Indonesien, Iran und Thailand (siehe dazu unseren Report). China musste wegen SARS seine Teilnahme kurzfristig absagen, erscheint aber im Katalog.

Wer es durch die Ausstellungen im Arsenale und in den Giardini geschafft hat, muss entweder unermüdlich oder aber speziell motiviert sein, um sich auf die Suche nach den vielen weiteren Schauplätzen zu begeben. Bezeichnend ist ein Bonmot, das durch die Presse ging: die preisgekrönte Präsentation Luxemburgs sei der am meisten rezensierte nicht gesehene Pavillon.


Unser Report soll denjenigen, die nicht nach Venedig reisen können, einen Eindruck von der Präsenz Afrikas, Asiens und Lateinamerikas bei der 50. Biennale vermitteln. Angesichts des bereits Gesagten erübrigt sich wohl der Hinweis, dass wir nicht den Ehrgeiz hatten, eine systematische Dokumentation zu veröffentlichen. Wir haben etwas von dem einbezogen, was uns bei unserem Rundgang besonders auffällig und bemerkenswert erschien, ohne dass unsere Auswahl eine qualitative Bewertung sein soll. Einige Werke konnten wir aus technischen Gründen nicht aufnehmen, andere haben wir aus Zeitmangel verpasst. Aber sicher werden selbst diejenigen, die sich in Venedig gründlicher umgeschaut haben, auf unseren Seiten so manches entdecken, was ihnen dort entgangen ist.

 

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