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Gastfreundschaft. Ein Geschenk.

An der Ecke der Strasse General León und General Cano im Stadtteil San Miguel Chapultepec, der mexikanischen Hauptstadt, gibt es ein leerstehendes Haus, ein klares, anziehendes Gebäude.. Seine letzten Bewohner haben es vor Jahren verlassen. Die Zeit, die Feuchtigkeit und ein Übermass an Sonne hinterliessen viele Spuren. Man nennt das Verfall. Die "Arbeit" der Natur bringt eine sichtbare Veränderung. Langsam doch stetig lässt die Witterung abbröckeln, was der Mensch ihr aufgesetzt hat.
Das zeigen?
Es gibt viele Möglichkeiten das mit Eingriff deutlich zu machen. Es gibt auch die
Möglichkeit, überhaupt nichts zu ändern.. Alles so lassen wie es ist. Für mich wäre das eine gute Lösung; eine noch bessere:fand ich:: alles lassen wie es ist und es verändern. Ein Dialog zwischen zwei Partnern, die gleichberechtigt sind. Ein Dialog, der zwei Erscheinungen erkennen lässt und der die Vorzüge beider hervorhebt. Gegensätze, die sich in einem Werk vereinen, die die Unterschiede und ihre Details nicht vertuschen. Im Gegenteil, sie machen sie sichtbarer, zeigen sie deutlicher.. Die Leere des
vernachlässigten Hauses wird nicht "weggemacht". Kleine Wunder geschehen. Das abbröckelnde lebt, "spricht" mit den minimalistischen Eingriffen.
Die grosszügigen Fenster bilden eine doppelte Verbindung zwischen drinnen und drausen, zum Patio und zur Strasse (es ist ein Eckhaus).
Die Eingriffe sind minimalistisch, geometrische Formen auf Leinwand, und zwar aus zwei Gründen:
- was die Architektur (das Geometrische) und die Spuren der Zeit geschaffen haben, inspiriert zu einem Dialog untereinander. Es entstehen Bilder, die Werke der informalen Malerei evozieren.
- die minimalistischen geometrischen Eingriffe mit Stücken bemalter
Leinwand, auf die Wand geklebt, gibt dem Besucher einen Anstoss, die von der Zeit geschaffenen Strukturen, Zeichnungen, Bilder zusammen mit den minimalistischen Bildfragmenten und Objets trouvés als als Wandbilder und Rauminstallationen zu sehen..

Der geometrische Minimalismus, der von der Natur geschaffene Informalismus und die Atmosphäre der arte povera verstärken sich gegenseitig, erhöhen die Intensität. Sie verändern die Zimmer und die Treppe in einfache Installationen, nüchtern und diskret,harmonisch, mit einer starken Dissonanz.
Eines haben das Minimalistische, das Informale und die objets trouvés gemein:
ihren poetischen Charakter. Das Haus in seinem augenblicklichen Zustand, sogar ohne
zeitweilige Eingriffe, ist ein Objekt voller Poesie.
Man kann sich das Ganze als ein kleines Museum vorstellen. Die grosse Vielfalt der Dinge, Bilder und von der Natur gemachten Wandmalereien zeigen das Harmonische im Chaotischen oder das chaotische im Harmonische, je nach Betrachter. Alles zusammen hat eine magische Wirkung. Der Ort, auch ohne die Interventionen, erzeugt eine Atmosphäre, die viele und vielseitige Assoziationen hervorruft. Er hat etwas Melancholisches, doch ohne Sentimentalität. Die Verwendung der Primärfarben opponiert der Trauer des Zerfalls. Die diskreten Eingriffe akzentuieren das ästhetische Element. Die Leere des Hauses gibt den Besuchern viel Raum, um sich ihre eigene Welt zu schaffen. Ein Abenteuer für die Augen.

(Aus dem Spanischen übersetzt von Elisabeth Siefer)

 

                                                            Urs Jaeggi 

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©  Urs Jaeggi  /  Website:  Universes in Universe  &  María Linares